Die USA sind fest entschlossen, in den nächsten Wochen erneut einen Krieg gegen den Irak zu entfesseln. 150.000 Opfer waren im Golfkrieg von Bush senior 1991 zu beklagen. Die Fortsetzung dieses Krieges und das Embargo gegen den Irak, an dem sich Deutschland uneingeschränkt beteiligte, hat Hunderttausende weitere Opfer gefordert. Und nun der nächste Krieg. UNO-Schätzungen zufolge sind mit 300.000 unmittelbaren Kriegsopfern zu rechnen.
Der gigantische Aufmarsch am Golf erhöht für die Kriegstreiber
den Druck zum baldigen Losschlagen - man unterhält nicht mal eben
100.000 Soldaten in einer entfernten Region für einen längeren
Zeitraum, ohne dass etwas dabei rausspringt. Außerdem wird es bald
zu warm und demnächst sind ja auch Wahlen in den USA.
Ein Rückzug der US-Army ohne Durchsetzung seiner Ziele wäre
für Bush politischer Selbstmord.
Kriegsgründe
Die Begründungen für diesen Krieg sind so fadenscheinig, dass sie selbst in der bürgerlichen Presse kaum noch ernst genommen werden. Es geht nicht wirklich um Massenvernichtungswaffen - sonst wären die USA oder auch Deutschland Gegenstand von Waffeninspektionen – und schon gar nicht um Demokratie. Es geht um die weitreichende Neuordnung der Region mit den größten Ölvorkommen auf diesem Planeten. Die Karten im ganzen Nahen Osten, nicht nur im Irak, sollen neu gemischt werden. Und bei diesem Poker sind alle Großmächte beteiligt, Deutschland inklusive.
Vor dem Hintergrund der längsten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg
verschärfen sich die Widersprüche zwischen den einzelnen kapitalistischen
Nationen. Jede nationale Regierung steht unter immensem Druck, ihr Haushaltdefizit
zu bewältigen, Aufträge für die eigene Industrie zu ergattern,
die Ölversorgung sicherzustellen etc. Der latente Wirtschaftskrieg
schlägt in offene diplomatische Feindseligkeiten um, z.B. zwischen
den USA einerseits und Deutschland/Frankreich andererseits.
Schröders Nein zum Irakkrieg, Fischers Lavieren zur Haltung der
Bundesregierung im Sicherheitsrat haben nichts mit Friedenspolitik zu tun.
Dies ist vielmehr Ausdruck unterschiedlicher bundesrepublikanischer und
US-amerikanischer Interessen im Nahen Osten und darüber, wie diese
Interessen am besten durchgesetzt werden können. Die Balkan- und Hindukuschkrieger
von gestern sind nicht über Nacht zu Pazifisten mutiert.
Deutsche Interessen
Hinter der deutsch-französischen Haltung zum geplanten US-Krieg
stehen handfeste Großmachtsinteressen. Die deutschen Ausfuhren in
den Irak haben sich in den letzten fünf Jahren mehr als verzehnfacht.
Auch zu den Nachbarländern unterhält die deutsche Wirtschaft
beste Beziehungen. Der Krieg würde all das zunichte machen, zumal
die Beute bereits zwischen USA und GB verteilt ist und die Deutschen bislang
leer ausgehen sollen.
Darüber hinaus sind die militärischen Kapazitäten der
Bundeswehr angesichts von 10.000 in alle Welt (Jugoslawien, Bosnien, Mazedonien,
Georgien, Usbekistan Kuwait, Afghanistan, Somalia) entsandten Soldaten
erst einmal erschöpft.
Dennoch sind die Widersprüche Deutschlands zu den USA noch nicht
so weit fortgeschritten, dass ein offener Bruch riskiert wird. Indirekt
ist Deutschland an der Vorbereitung dieses Angriffskrieges längst
beteiligt, mit Spürpanzern in Kuwait, mit AWACS in der Türkei,
mit der Zurverfügungstellung der militärischen Infrastruktur
in Deutschland (z.B. Überflugrechte) oder mit 7.000 Soldaten zum Schutz
US-amerikanischer Militäreinrichtungen in der BRD. (Schutz vor
wem eigentlich? Irakische Sondereinheiten wurden hier noch nicht gesichtet,
allerdings eine wachsende Friedensbewegung).
Als Verteidigungsminister Struck erklärte, die deutsche Sicherheit
werde am Hindukusch verteidigt, gab er damit die politischen Vorgaben für
die neuen verteidigungspolitischen Richtlinien. Generalinspekteur Schneiderhahn
hat diese am 18.1.2003 erstmals genauer umrissen. Verteidigung müsse
neu definiert werden. Er warf die Frage auf, ob Verteidigung auch „präventiv“
zu führen sei. Damit ist die Katze aus dem Sack:
Nicht nur die USA wollen Präventivkriege führen, auch die
Bundesrepublik bereitet sich auf Angriffskriege zur Verteidigung „deutscher
Interessen“ vor. Schneiderhan: „Die geographische Bindung, die wir bisher
haben – oder hatten – die hat sich verändert.“
Die Haltung der rot-grünen Bundesregierung
Aus unserer Sicht stellt die Friedensrhetorik von Rotgrün eine weitere Maßnahme dar, Vertrauen in der Frage „Krieg und Frieden“ zu erschleichen. Bei jeder Abstimmung im Bundestag über „Krieg und Frieden“ votierte Rot-Grün mit überwältigender Mehrheit für Krieg. Kriegsgegner in den eigenen Reihen wurden isoliert oder rausgemobbt. Die Rüstungsexporte verdreifachten sich seit der Regierungsübernahme; zwei handfeste Kriege (Jugoslawien 1999, Afghanistan 2001) wurden geführt. In Aachen waren es mit dem führenden Grünenmitglied G. Schrabram und dem SPD-Mitglied, K.Schultheiß ausgerechnet die Initiatoren der jetzigen Demo (24.1.2003), die am Lautesten für eine Beteiligung Deutschlands an diesen Kriegen warben und die Fischer-Schröder-Linie innerparteilich durchsetzten.
Aber auch ohne diese Vorgeschichte verrät ein kurzer Blick auf
den Demoaufruf, was davon zu halten ist:
„An diesem Krieg werden wir uns nicht beteiligen!“ Am nächsten
schon.
„Krieg für Öl und Rohstoffe ist unmoralisch“. Wir
begründen unsere Kriege ethisch.
„Abrüstung Ja!“ ...im Irak – hier rüsten
wir weiter auf.
Unabhängige Antikriegsbewegung
Die Bombardierung der Bundesrepublik Jugoslawien konnte innenpolitisch
nur deshalb durchgesetzt werden, weil rot-grün mit ihrem Image als
Friedensstifter die Bevölkerung massiv belogen und betrogen hat. Die
jetzigen Aussagen der Bundesregierung zum bevorstehenden Krieg gegen den
Irak und den Demoaufruf der örtlichen Vertreter der Regierungsparteien
fassen wir als einen geschickten und gleichzeitig perfiden Versuch auf,
die Ängste der friedliebenden Menschen in diesem Land für ihre
parteipolitischen Zwecke auszunützen. Es besteht sogar der dringende
Verdacht, dass die Bundesregierung das Potential der Friedensbewegung zur
Unterstützung ihrer Großmachtpolitischen Interessen einspannen
wird.
Spätestens seit dem 24. März 1999 ist die Welt in eine neue
Ära der Militarisierung und Kriegstendenz getreten, die fatal an die
Zeit vor dem 1. Weltkrieg erinnert. Der Irakkrieg wird, wie angekündigt,
nicht der letzte sein. Deutschland wird seine militärische Stellung
in der Welt sukzessive ausbauen, mal als Kriegstreiber an vorderster Front
wie im Kosovokrieg, mal als Mahner und Bremser wie zur Zeit. Nur wenn es
der hiesigen Antikriegsbewegung gelingt diese Politik zu durchkreuzen,
besteht die Chance die Kriegstendenz zu stoppen. Der Hauptfeind steht immer
im eigenen Land; mit Bush müssen unsere amerikanischen FreundInnen
und KollegInnen fertig werden.