Mögen andere von ihrer Schande sprechen,
ich spreche von der meinen
Über
die Herren Bush und Rumsfeld, Wolfowitz und Perle und über ihren
Krieg ist eigentlich in den letzten drei Wochen alles gesagt, was vom
Standpunkt der Friedensbewegung gesagt werden mußte.
Ich
möchte deshalb eine Überschrift über meine
Ausführungen setzen, die von Bert Brecht stammt: "Mögen andere
von ihrer Schande sprechen, ich spreche von der meinen."
Ja,
wieder ist Krieg. Ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg ohne
UN-Mandat - wie 1999, als Jugoslawien bombardiert wurde. Der Krieg gegen
Jugoslawien unter der schändlichen Mitwirkung unseres Landes
lieferte die Vorlage für diesen Krieg, ohne ihn und ohne die
NATO-Reform vom Beginn dieses Krieges wäre es nie zum heutigen
Krieg gegen den Irak unter den heutigen Bedingungen gekommen. Vergessen
wir diese Schande nie. Wir konnten diese Schande nicht verhindern, und
damit ist es auch unsere, meine.
Es
sterben täglich Unschuldige; besonders die Kinder leiden unter den
Bomben, dem Hunger. Entsetzen löst die Drohung der US-Regierung
mit der Anwendung der Atombombe aus.
Wir
verlangen die Einstellung der Kampfhandlungen, die Lösung aller
Konflikte mit friedlichen Mitteln. Wir haben der Haltung der deutschen
Regierung im UN-Sicherheitsrat zugestimmt, aber wir bekräftigten
zugleich die Forderung: Nie wieder darf Krieg von deutschem Boden
ausgehen. Deshalb muss auch jede Unterstützung des US-Krieges durch
Deutschland - mittels Überflugrechten, Spürpanzern,
AWACS-Flügen, Marineschiffen im Mittelmeer und Rotem Meer -
unterbleiben.
Aber
diese Unterstützung wird fortgesetzt. Das ist eine Schande.
Ich
lebe in einem Land, das eine im großen und ganzen gute Verfassung
hat. Die Forderung nach Frieden schlug sich auch im Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland nieder. Der Krieg wurde ausdrücklich
geächtet. Es heißt im Artikel 26 des Grundgesetzes:
"Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden,
das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind
verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen." Aber es ist eine
Schande, daß diese Verfassung nicht angewendet wird.
Tag
für Tag mehr und nach wie vor unterstützt unsere Regierung
den Krieg. Das wurde ihr sogar von der parlamentarischen Opposition
bestätigt. "Dieser militärische Beistand trennt uns nicht,"
sagte CSU-Chef Edmund Stoiber zustimmend zum SPD-Kanzler Schröder,
und die Frankfurter Rundschau stellt zu dieser Aussage der CDU/CSU
weiter fest: "Praktisch hätte eine Unionsregierung auch nicht mehr
zu einem Krieg gegen Irak beigetragen als die von Rot-Grün -
bloß hätte sie es als deutschen Beistand für die USA
verkauft. Die Regierung Schröder/Fischer nennt es
Nichtbeteiligung."
Bei
Beginn der Aggression gegen den Irak forderte unsere Regierung noch ein
schnelles Ende der Kampfhandlungen. Heute fordert sie einen schnellen
Sieg der "Verbündeten". Und heute steht in den Zeitungen,
daß die Regierung einen Wiederaufbau des geraubten Landes unter
dem Mandat der UNO deshalb will, um an den Aufträgen für die
deutsche und europäische Wirtschaft beteiligt zu werden. Die UNO
müsste allerdings - und das wird uns verschwiegen - dann die
völkerrechtswidrige Aggression der USA nachträglich billigen.
Den
Krieg gegen den Irak werden de facto auch die geplanten neuen
Verteidigungspolitischen Richtlinien von Minister Struck und seinen
Generalen billigen. Denn der Bundeswehr soll damit ein aggressives
Präventivkriegskonzept beschert werden, das Herr Struck als
"Verteidigung Deutschlands am Hindukusch" bezeichnet - also deutsche
Interventions- und Präventivkriege in aller Welt. Und auch
EU-Interventionskriege sind geplant. Dazu wird mit deutscher
Unterstützung eine entsprechende EU-Verfassung zusammengestrickt,
in der von Landesverteidigung nicht mehr die Rede ist, sondern von
"Krisenreaktion", bis zu 4000 km von der EU-Grenze entfernt. Die
übergroße EU-Mehrheit und bis auf PDS sämtliche Parteien
im Bundestag verfechten ein Militärkonzept, das ähnliche
Präventivkriegsszenarien und aggres sive
"Krisenbewältigungspläne" enthält wie das der
Bush-Administration, nur eben unter eigener Regie und notgedrungen mit
weit geringerem Budget.
Natürlich
sagt man uns heute in den Medien: Der Krieg gegen den Irak müsse
eine Ausnahme bleiben. Krieg, so wiederholen die Berliner Minister
wieder und wieder sei nur die "ultima
ratio". Das ist eine Schande. Krieg ist niemals eine "ratio". Er
ist immer das Ende der "ratio", das Ende der Vernunft, der Beginn der
Barbarei. Der Irak und die Welt, wir erleben das gerade. Wir sagen: Nein zu Krieg als "letztem Mittel"!
Brecht sagte auch: "Ihr Friede und ihr Krieg sind wie Wind und Sturm."
Der heutige Krieg ist wie der morgige Friede. Jetzt sterben Tausende,
und Hunderttausende vegetieren oder sterben später in einem Land,
das ökologisch verwüstet und verseucht sein wird, dessen
gesamte Infrastruktur, Wasserversorgung und Bodennutzung auf unabsehbare
Zeit jetzt zerstört wird.
Sowohl
für den friedlichen Krieg wie für den kriegerischen Frieden
wird derzeit gerüstet. Zur Zeit werden für die eigenen
Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland und zur
Unterstützungsleistung für NATO-Verbündete pro Jahr nach
offiziellen Angaben 28 Milliarden Euro ausgegeben. Und die Kehrseite? In
der Welt verhungern jeden Tag 18.000 Kleinkinder. Das sind 6,6
Millionen im Jahr. Die Deutsche Welthungerhilfe berechnet 300 Euro pro
Jahr und Kind - am Beispiel Südindiens -, um diese Kinder zu
retten. Das heißt, sie zu ernähren, medizinisch und dann auch
schulisch zu versorgen: Für zwei Milliarden Euro im Jahr - acht
Prozent des deutschen Rüstungsetats - könnten alle vom
Hungertod bedrohten Kinder gerettet werden. Geplant aber ist eine
weitere Erhöhung der deutschen Rüstungsausgaben.
Eine
weitere Zahl: Für drei Milliarden Mark im Jahr könnte man die
Bundeswehr abschaffen und zugleich allen Soldaten ihren Sold
weiterzahlen, damit niemand zusätzlich arbeitslos wird. Die zwei
Milliarden für die Hungerhilfe und die drei Milliarden für die
Soldaten und ihre Familien, das sind zusammen fünf Milliarden.
Somit könnten die restlichen 23 Milliarden aus dem heutigen
Rüstungshaushalt für wirkliche Reformen ausgegeben werden -
für die Bildung, die Arbeitsplatzbeschaffung ohne Lohn- und
Arbeitslosenhilfeeinbußen, für die Gesundheit, für die
Umwelt.
Ich
möchte zum dritten mal und abschließend an Bert Brecht
erinnern: "Wenn die Herrschenden gesprochen haben, werden die
Beherrschten sprechen". Ja, die Beherrschten sprechen schon jetzt. Es
sprechen diejenigen, wie hier, die den Krieg verabscheuen. Zu Millionen
haben die Menschen, so in jüngster Zeit, bereits gesprochen und
werden weiter sprechen und fordern: Macht Schluss mit dem Krieg!
zurück zum
AKB-Startmenue
http://www.akb-ac
- 21.04.03